Der BFH hat in seiner am 07.11.2018 veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 27.09.2018, V R 45/16) nunmehr zum wiederholten Male dem fiskalischen Gläubiger den Rücken gestärkt:
Er urteilte, dass die Vereinnahmung von Entgelten nach Verfahrenseröffnung für Leistungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführt wurden, auch im Rahmen der Eigenverwaltung Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 InsO begründen.
Der Kläger hatte in dem vorausgegangenen Verfahren vor dem Finanzgericht angeführt, dass der eigenverwaltende Schuldner seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis behalte und diese ihm eben gerade nicht neu erteilt werde. Eine Berichtigung nach § 17 UStG käme aus diesem Grund nicht in Betracht, da wegen der fortbestehenden Unternehmeridentität keine rechtliche Uneinbringlichkeit vorliege. Maßgeblich sei weiterhin nur die Leistungsfähigkeit des Entgeltschuldners. Der Kläger hatte sich zudem auch auf Unionsrecht und den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz berufen, drang jedoch mit keiner Argumentation durch.
Die Richter des BFH setzen damit ihren mit der Entscheidung vom 9. Dezember 2010, V R 22/10 eingeschlagenen Weg weiter fort. Seinerzeit entschieden sie, dass der Unternehmer in Insolvenz aus rechtlichen Gründen von der Entgeltvereinnahmung ausgeschlossen ist. Die Empfangszuständigkeit geht wegen § 80 Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Folglich sei nur dieser – und nicht mehr der bisherige „Unternehmer“ – zu einem Einzug der Forderungen berechtigt.
Nach Auffassung der Münchner Richter übt auch der eigenverwaltende Schuldner nicht die „alte“ Verfügungsmacht aus. Vielmehr sei er mit Verfahrenseröffnung „Amtswalter“ und seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis insolvenzrechtlich überlagert, weshalb die Vereinnahmung von Entgelten nach Insolvenzeröffnung auch in der Eigenverwaltung zu einer zweiten Berichtigung führt.
Mit diesem Urteil ist nun ein weiteres Kapitel in Sachen Insolvenzsteuerrecht durch den BFH entschieden. Da das Urteil dem Bund nun auch in Eigenverwaltungen Türen zu bisher verschlossenen Geldquellen eröffnet, darf wohl kaum mit einem Nichtanwendungserlass gerechnet werden.
Offen bleiben allerdings weiterhin die Fragen zum vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren. Wenn der BFH konsequent bliebe, müsste er die Berichtigung gem. § 17 UStG im Anschluss an seine Entscheidung vom 24. September 2014, V R 48/13 bereits auf den Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung vorverlagern. Dann stellte sich im Anschluss aber auch die Frage nach dem Zeitpunkt des Endes einer etwaigen umsatzsteuerlichen Organschaft und nach der Anwendbarkeit von § 55 Abs. 4 InsO. Insbesondere letzteres wird bislang von der herrschenden Meinung zumeist unter Verweis auf den Wortlaut und die Gesetzesbegründung zu § 55 Abs. 4 InsO abgelehnt. Die Folgen könnten für zukünftige Verfahren in Eigenverwaltung nicht unerheblich sein. Schließlich verschafft die bislang vertretenen Nichtanwendung von § 55 Abs. 4 InsO manchem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung einen nicht zu vernachlässigen Liquiditätsvorteil gegenüber den klassischen Regelverfahren.
Allein entscheidungserheblich für die Wahl der Verfahrensart ist das Urteil des BFH aber selbstverständlich nicht:
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08.11.2018 LECON RESTRUKTURIERUNG, Rechtsanwältin Manuela Richert